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News zum Thema Frieden und Energie

Kannibalische Weltordnung abwählen

Die fossilwirtschaftliche und politische Allmacht der westlichen Staaten geht zu Ende. Ausgelöst wird dies durch Wohlstandsunterschiede weltweit und auch in der eigenen Gesellschaft. Niemand bringt das besser zu Protokoll als Jean Ziegler, aus dessen Büchern und Gesprächen wir zitieren.

(24. September 2017)

„Der dominierende Rohstoff ist das Erdöl. Die USA verbrauchen pro Tag 20 Millionen Barrel. Davon sind nur acht Millionen im Inland produziert, zwölf Millionen, also über sechzig Prozent, müssen aus dem Ausland beschafft werden, zumeist aus instabilen, krisengeschüttelten Regionen. Laut Amnesty International zählen zahlreiche strategische Alliierte der USA zu den Ländern, die sich permanente gravierende Menschenrechtsverletzungen zuschulden kommen lassen. Und dies schürt wiederum den Hass auf den Westen.“
(Der Hass auf den Westen, S. 111)

„In der südlichen Hemisphäre vernichten Epidemien, Hunger, verschmutztes Wasser und durch Elend ausgelöste Bürgerkriege jedes Jahr fast ebenso viele Menschen wie der zweite Weltkrieg in sechs Jahren.“
(Der Hass auf den Westen, S. 259)

279 Zeichnung Porträt Jean Ziegler

Jean Ziegler lehrte bis 2002 Soziologie an der Universität Genf und ist ständiger Gastprofessor an der Sorbonne in Paris. Er war von 2000 bis 2008 erster UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung.
Heute gehört er dem beratenden Ausschuss des UN-Menschenrechtsrats an. Ziegler hat sich in vielen Schriften kritisch mit der Globalisierung auseinandergesetzt. Ziegler zitiert gern den französischen Schriftsteller Georges Bernanos.

„Heute empfindet der Süden Hass. Doch die Gelegenheit ist günstig für ihn, aufzubrechen und seiner selbst und der Fülle seiner Möglichkeiten habhaft zu werden.
Am 11. September 2001 haben bei Terrorangriffen auf die Türme des World Trade Center und auf das Pentagon in Washington 2.973 Personen ihr Leben verloren. Die schrecklichen Bilder gingen um die Welt, haben hunderte Millionen Fernsehzuschauer erschüttert. Laut Unterlagen der UNO sind am selben Tag 35.000 Kinder unter zehn Jahren dem Hunger oder der Unterernährung zum Opfer gefallen. Ebenfalls an diesem Tag sind – um eine andere UNO-Zahl zu nennen – 156.368 Personen an Tuberkulose, Aids, Durchfallerkrankungen, Kinderkrankheiten, Malaria, Lepra, Infektionen der Atemwege etc. gestorben. Wie an jedem anderen Tag in jedem anderen Jahr. Dieser Massenmord hat im Westen keinerlei Gefühlsregungen hervorgerufen.“
(Der schmale Grat der Hoffnung, S. 297)

„Der jährliche Massenmord an Millionen Menschen durch Hunger und Unterernährung – auf einem Planeten, der von Reichtum überquillt – bleibt der eigentliche Skandal unserer Zeit. Mittlerweile sind wir 7,3 Milliarden Menschen auf der Erde, und mehr als eine Milliarde von uns sind extrem und dauerhaft unterernährt. Zwischen 2008 und 2012 hat sich die Zahl der Menschen, die dieser Geißel zum Opfer gefallen sind, erneut erhöht.“
(Interview mit 3sat auf der Buchmesse in Leipzig 2017)

„Ich war von 2000 bis 2008 der erste UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung. 57.000 Menschen sterben pro Tag an Hunger. Eine Milliarde Menschen sind permanent schwerst unterernährt. Und das auf einem Planeten, der vor Reichtum überquillt. Der World Food Report der UNO sagt, dass die Weltlandwirtschaft heute problemlos fast 12 Milliarden Menschen, also fast das Doppelte der Weltbevölkerung, ernähren könnte.“
(Interview mit dem Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung 2013)

„Es gibt keine Ohnmacht in der Demokratie. Das Grundgesetz gibt uns alle Waffen in die Hand, um diese kannibalische Weltordnung zu stürzen. Herr Schäuble ist ja nicht vom Himmel gefallen. Wenn er sagt, eine Entschuldung der ärmsten Länder ist unmöglich, weil der Markt das nicht will, dann stimmt das nicht. Der kann abgewählt werden. Seine Partei kann abgewählt werden. Morgen früh kann die Börsenspekulation auf Nahrungsmittel vom Bundestag gelähmt werden. Morgen früh sind dann Millionen von Menschen vor dem Hungertod gerettet. Alles hängt von uns ab. Deshalb sollten wir lernen, unsere unglaublichen Freiheitsrechte, die uns die Verfassung, das Grundgesetz gibt, zu gebrauchen.“
(Interview mit der Tagesschau zum G20-Gipfel 2017)

„Das endgültige Ziel aller Aktivisten der Zivilgesellschaft ist es, möglichst viel von der Welt in ‚Bewusstsein‘ zu verwandeln, eine möglichst große Zahl von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verhaltensweisen der solidarischen Vernunft zu unterwerfen.“
(Ändere die Welt, S. 178)

„Gott hat keine anderen Hände als die unseren.“
Georges Bernanos

Klimaflüchtlinge

Solarenergie gegen Migrationswelle

Solarenergie gegen Migrationswelle

(15. Juni 2016) „Wenn die Menschheit es nicht schafft, sich aus ihrer Abhängigkeit von fossilen Energiequellen zu lösen, steuert sie schon Mitte dieses Jahrhunderts auf eine dramatische Klimakatastrophe zu. Diese wird nicht nur zu extremen Dürren und Hungersnöten führen, sondern auch zu einer gewaltigen Migrationswelle mit 100 Millionen Klimaflüchtlingen aus den südlichen Ländern.“ Zu diesem ernüchternden Schluss kommt der renommierte Physiker Niyazi Serdar Sariçiftçi von der Johannes-Kepler-Universität Linz.

279 PV-Modul mit Sonnenblume / Foto Pixelio.de/Rainer Sturm

„In den vergangenen eineinhalb Jahren hat sich deutlich gezeigt, dass schon eine Kriegsregion der Welt ausreichen kann, um die Kooperation auf europäischer Ebene zum Erliegen zu bringen. Wenn wir im Bereich der Energiewirtschaft weiterhin so verfahren wie bisher, droht uns aber schon 2050 eine weitaus größere klimabedingte Migration, die die aktuelle um ein Vielfaches übersteigen wird. Dabei steht eine unlimitierte, demokratisch verwendbare Energie zur Verfügung, die noch dazu vollkommen kostenlos ist: Die Sonne. Sie muss nur richtig genutzt werden“, so der Forscher. 

Dass wir uns immer noch so verhalten, als wären wir von fossilen Energiequellen abhängig „wie ein Morphium-Junkie von seiner täglichen Dosis“, liege an den wirtschaftlichen Interessen der fossilen Energiebranche. „Diese Unternehmen sind heute mächtiger als die Rüstungsindustrie. Aber auch sie begreifen mittlerweile, dass der Abbau von Öl, Gas und Kohle nicht mehr rentabel ist und sich ein Umstieg auf erneuerbare Alternativen auch durchaus wirtschaftlich gesehen lohnt“, betont Sariçiftçi.

Linktipps:
  • fresach.org : Denk.Raum.Fresach – Europäisches Toleranzzentrum, Verein zur Förderung von Toleranz und Integration in Europa
  • ansole.org : ANSOLE e.V.  (African Network for SOLar Energy)
Peak-Oil: Erdölverknappung bedroht Sicherheit

Studie zu Auswirkungen einer weltweiten Erdölverknappung auf unsere Sicherheit

Peak-Oil: Erdölverknappung bedroht Sicherheit

(28. Dezember 2010) Das Zentrum für Transformation der Bundeswehr hat in einer Studie die Auswirkungen einer weltweiten Erdölverknappung auf unsere Sicherheit untersucht. Danach führt die Verknappung von Erdöl zu einem systematischen Risiko, da nahezu jedes gesellschaftliche Subsystem mittelbar oder unmittelbar betroffen ist.

Die Konzentration der verbliebenen Lagerstätten geht mit einer weitreichenden Verschiebung globaler Machtstrukturen einher, verbunden mit einem Bedeutungsverlust der westlichen Industriestaaten. Die Folgen des Peak-Oil, der bereits um das Jahr 2010 liegen könnte (siehe Peak Oil schon vorbei: Jetzt Heizöl kaufen), werden mit einer Zeitverzögerung von 15 bis 30 Jahren erwartet. Es sei notwendig, die Risiken zu erkennen und Alternativen zu etablieren.

Download Studie "Streitkräfte, Fähigkeiten und Technologien im 21. Jahrhundert" (PDF, 194 MB)

letzte Änderung: 24.09.2017