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Katastrophale Lüftungsmängel

Eine oft mangelhafte Frischluftversorgung in Niedrigenergie-Häusern mit einfachen Abluftanlagen und viele andere Mängel hat eine Studie des Detmolder Niedrig-Energie-Instituts (NEI) aufgedeckt. Anlagen mit Wärmerückgewinnung zeigten demgegenüber meist gute bis sehr gute Ergebnisse. Dies gibt Anlass zum Überdenken sehr einfach gestrickter Lüftungskonzepte.

(2002) Das Detmolder NEI untersuchte im Winter 1999 - 2000 im Auftrag des Forschungsministeriums des Landes NRW an 43 Wohneinheiten in Niedrigenergie-Häusern, die zwischen 1995 und 1999 errichtet worden waren, die tatsächlich von den Lüftungsanlagen bewirkten raumweisen Zu- und Abluftströme.

Zuluftöffnungen

Zuluftöffnungen sind oft zu klein dimensioniert

Abluft ok, Zuluft mangelhaft

Wesentliches Ergebnis ist, dass die zumeist eingebauten Abluftanlagen zwar ganz überwiegend die erforderlichen Abluftmengen aus Küchen und Badezimmern absaugten. Zugleich war aber die von den Anlagen bewirkte Frischluftzufuhr in die Wohn-, Kinder- und Schlafräume meist deutlich zu gering. Bei den Anlagen mit Wärmerückgewinnung war dagegen neben den Abluftmengen auch meist angemessen. Sehr viele Anlagen wiesen Auslegungs- und Installationsmängel auf, wurden falsch bedient und waren mangelhaft gewartet. Daneben war bei der Mehrzahl der Häuser eine zu geringe Luftdichtheit der Gebäudehülle Ursache von Funktionsmängeln. Vier Gründe für die Mängel wurden gefunden:

Gebäude undicht
  • Die Gebäude waren zu undicht und die Undichtheiten der Gebäudehülle hatten niedrigere Strömungswiderstände und größere Querschnitte als die planmäßigen Zuluftöffnungen. Durch die Undichtheiten kann daher Zuluft leichter eingesaugt werden als durch die geplanten Zuluftventile.
Zuluftöffnungen zu klein
  • In vielen Objekten waren die Zuluftventile zu klein dimensioniert. Bei dem zu erwartenden Unterdruck der Lüftungsanlage hätte oft auch ohne jegliche andere Störeffekte gar nicht die Soll-Zuluftmenge einströmen können. Viele Ventile schienen eher nach ästhetischen Kriterien als nach ihrer Lüftungsaufgabe dimensioniert worden zu sein.
Auftrieb über offenes Treppenhaus
  • In Einfamilienhäusern mit offenen oder verbundenen Lufträumen über mehrere Etagen - schlimmstenfalls von der Kellertürschwelle bis zur Bodenluke - und mit Zuluftöffnungen in verschiedene Himmelsrichtungen wirken sich äusserer Winddruck bzw. Windsog und der thermische Auftrieb innerhalb des Hauses sehr stark störend aus. Die Vorstellung einer gleichgroßen Frischluftnachsaugung durch gleichgroße Zuluftventile in verschieden hoch positionierten und windbeaufschlagten Zimmern eines Hauses ist völlig unrealistisch. In vielen Einfamilienhäusern wurden z.B. im Obergeschoß Luftfilter vorgefunden, die ausschließlich auf der Innenseite verschmutzt waren. Hier hat über Jahre trotz Lüftungsbetrieb stets nur eine Luftausströmung statt Einströmung durch die Zuluftventile stattgefunden, weil der thermische Auftrieb und die äusseren Windkräfte stärkere Luftantriebskräfte waren als der Sog des Abluftventilators.
Anlagen schlecht eingestellt
  • Die Anlagen waren überwiegend nicht sachgerecht einreguliert, die Nutzer waren nicht eingewiesen und die Anlagen waren nicht oder nur mangelhaft gewartet. Viele Filter waren völlig verschmutzt, die Notwendigkeit und Möglichkeit der Filterreinigung war den Nutzern nicht bekannt. Die Ventilspalte waren eher zufällig oder anhand akustischer Empfindung eingestellt und die richtige Leistungseinstellung der Ventilatoren war den meisten Nutzern nicht bekannt. In einem Mehrfamilienhaus waren Regler falsch angeschlossen, so dass es vorkam, dass Wohnung A den Ventilator von Wohnung B regelte. In vielen Objekten waren die Anlagen durch Auslegungs- und Einbaumängel zu laut, so dass bei angemessener Leistungseinstellung störende Geräusche entstanden.
Schlussfolgerungen
  • Wer bei geschlossenen Wohn-, Schlaf- oder Kinderzimmertüren in diesen Räumen eine sichere Mindestlüftung oder richtig dosierte Frischluftversorgung haben möchte, muss eine Anlage mit mechanischer Zuluftzuführung über Ventilatoren einbauen. Dies ist dann naheliegenderweise eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.
  • Lüftungsanlagen müssen richtig einreguliert sein und wenn ihre Bedienung und Wartung den Nutzern nicht erklärt werden.
  • Richtig ausgelegte, eingestellte, gewartete und bediente Anlagen bringen sehr gute Ergebnisse und haben zufriedene Nutzer. Die im Rahmen der Untersuchung erfahrenen Unzufriedenheiten von Nutzern waren stets auf erkennbare und grundsätzlich vermeidbare Fehler zurückzuführen.

Die Studie zum Downloaden (PDF, 9,63 MB)

letzte Änderung: 25.08.2010